Wie entwickelt sich die Medizin und ihre Lehre in einem Staat, dessen Regierung zwischen besseren und schlechteren, hiesigen und fremden Menschen unterscheidet?
Die Zeit des Nazionalsozialismus markiert den historischen Tiefpunkt in der Entwicklung der österreichischen Medizin. Aus Anlass des 80-jährigen Jahrestages des Endes der Eigenstaatlichkeit Österreichs, der nazionalsozialistischen Machtübernahme und deren Folgen, zeigte das Josephinum in einer Ausstellung (14. März bis 6. Oktober 2018) die Auswirkungen auf die Wiener Medizinische Fakultät. Die Ausstellung behandelt die Vorgeschichte von Antisemitismus und Rassismus bereits vor der NS-Zeit, die direkten Auswirkungen des März 1938, die Vertreibung eines grossen Teils der Fakultätsangehörigen und die dadurch ermöglichten Karrieren von NS-Parteigängern. Die ideologische Durchdringung der Fakultät mit dem Gedankengut der NS-„Rassenhygiene“, die Forschungspraktiken bis hin zu verbrecherischen Menschenversuchen, Zwangssterilisationen und die Beteiligung an den „Euthanasie“-Aktionen gegen PatientINNen der Psychiatrie werden ebenso behandelt wie die zunehmende Militarisierung von Studium und Forschung im Zuge des Krieges. Das Jahr 1945 als ambivalente Zäsur, die bisherigen Auseinandersetzungen mit der NS-Vergangenheit und nicht zuletzt die Position des Josephinums als Zentrum der Medizingeschichte in Österreich bilden weitere Schwerpunkte.
Die Ausstellung ist allen Angehörigen der Medizinischen Fakultät gewidmet, denen Unrecht, Gewalt und Willkür durch die Nationalsozialisten angetan wurden. Niemals wieder soll und darf Derartiges passieren, das muss Leitlinie für die Zukunft sein.
Christiane Druml, Direktorin des Josephinums, ludt ein.
Markus Müller, Rektor der Medizinischen Universität Wien, sprach zur Eröffung.
Herwig Czech und Niko Wahl, haben die Ausstellung kuratiert.
Weiterer Veranstaltungshinweis: Von 12. – 13. März 2018 fand die internationale Tagung „Anschluss“ im März 1938: Nachwirkungen auf die Medizin und Gesellschaft im Van Swieten Saal der MedUni Wien statt.